Seit kurzem haben Arbeitnehmer:innen das gesetzliche Recht, auch mit anderen Unternehmen ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Der am 28. März 2024 in Kraft getretene § 2i Abs 1 AVRAG wurde in Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie 2019/1152 erlassen, die auch für Arbeitsverträge bzw Dienstzettel einige Änderungen gebracht hat. Mit diesen haben wir uns in unserem Blogbeitrag zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie in Österreich / Teil 1 befasst.
Bisherige Vertragspraxis
Bislang wurden Nebenbeschäftigungen im Arbeitsvertrag regelmäßig einer Melde- und Genehmigungspflicht unterworfen oder überhaupt untersagt. Im Hinblick auf das verfassungsrechtlich geschützte Grundrecht auf Erwerbsfreiheit (Art 6 StGG) und die einschlägige Judikatur des OGH war jedoch solch ein generelles Nebenbeschäftigungsverbot auch nach alter Rechtslage problematisch.
Nach dem neuen § 2i Abs 1 AVRAG haben Arbeitnehmer:innen ein gesetzliches Recht auf Mehrfachbeschäftigung. Sie dürfen deshalb auch nicht benachteiligt werden.
Wann kann eine Nebenbeschäftigung untersagt werden?
Unter folgenden Voraussetzungen können Arbeitgeber:innen auch weiterhin eine konkrete zusätzliche Beschäftigung untersagen (§ 2i Abs 2 AVRAG):
- Unvereinbarkeit mit arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen
Der Grund hierfür ist der Arbeitnehmerschutz, es soll damit eine zu hohe Belastung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin aufgrund des zusätzlichen Dienstverhältnisses vermieden werden. Eine arbeitszeitrechtliche Unvereinbarkeit liegt beispielsweise vor, wenn durch die Tätigkeit für mehrere Arbeitgeber:innen in Summe die Höchstgrenzen der Arbeitszeit (48 Stunden im Durchschnitt von 17 Wochen) überschritten wird.
In der Lehre wird in diesem Zusammenhang vertreten, dass bei einem All-in-Gehalt eine zusätzliche Beschäftigung generell untersagt werden kann. Ob dies die Gerichte auch so sehen, bleibt jedoch abzuwarten.
- Nebenbeschäftigung beeinträchtigt die Verwendung im bestehenden Arbeitsverhältnis
Diese Ausnahme kommt dem/der Arbeitgeber:in zugute. So können etwa Nebenbeschäftigungen in konkurrierenden Unternehmen verboten werden. Für Angestellte ist dieses Konkurrenzverbot auch gesetzlich vorgesehen (§ 7 AngG). Es können aber auch mögliche Interessenkonflikte (zB Beschäftigung bei einem Geschäftspartner des/der Arbeitgeber:in) oder das Risiko eines Reputationsschadens als Untersagungsgrund herangezogen werden.
Tipps für die Gestaltung künftiger Arbeitsverträge
In Zukunft sollten Unternehmen in den Arbeitsvertrag einerseits einen Verweis auf die gesetzlichen Untersagungsgründe aufnehmen und andererseits den/die Arbeitnehmer:in zur Mitteilung vor der Aufnahme einer Nebenbeschäftigung verpflichten. Denn nur so kann im konkreten Fall beurteilt werden, ob für die angestrebte Nebenbeschäftigung ein Untersagungsgrund vorliegt und daher die Unterlassung gefordert werden. Betreffend selbständige Tätigkeiten kann in den Arbeitsvertrag ein Zustimmungsvorbehalt aufgenommen werden, da sich die Neuregelung dem Wortlaut nach nur auf die Beschäftigung in weiteren Arbeitsverhältnissen bezieht.
In einem der nächsten Beiträge werden wir die Auswirkung der EU- Transparenzrichtlinie 2019/1152 auf die Ausbildungskosten behandeln.
Disclaimer: Dieser Blogpost dient nur als allgemeine Information und Orientierungshilfe und stellt keine rechtliche Beratung dar. Für Rechtsberatung wenden Sie sich bitte an Frau Mag. Eva Krichmayr (krichmayr@labourlaw.at) oder Herrn Dr. Andreas Tinhofer, LL.M. (tinhofer@labourlaw.at) oder senden Sie ein E-Mail an office@labourlaw.at.