Mit Wirkung ab 28.3.2024 wurden in Umsetzung der sog. Transparenzrichtlinie verschiedene arbeitsrechtliche Gesetze novelliert (BGBl. I Nr. 11/2024).
Umsetzung der Transparenzrichtlinie in Österreich/Teil 1
Die Transparenzrichtlinie war bis 01.08.2022 in innerstaatliches österreichisches Recht umzusetzen; vor der aktuellen Novellierung wurde die Transparenzrichtlinie bereits im Jahr 2022 für den öffentlichen Bereich auf Bundesebene umgesetzt. In Deutschland ist mit 01.08.2022 in Umsetzung der Transparenzrichtlinie eine Änderung des Nachweisgesetzes in Kraft getreten, wobei die Umsetzung in zahlreichen Punkten unterschiedlich im Vergleich zu Österreich erfolgt ist.
Welche wesentlichen Ziele verfolgt die Transparenzrichtlinie?
Die Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union verfolgt insbesondere das Ziel, atypische und prekäre Beschäftigungsformen, wie etwa Arbeit auf Abruf oder sog. Null-Stunden-Verträge, zu reglementieren und Missbrauch zu verhindern. Verträge, in deren Rahmen Arbeitgeber:innen über die Flexibilität verfügen, die Arbeitnehmer:innen nach Bedarf zur Arbeit aufzufordern, sind für diese nach der Richtlinie besonders unvorhersehbar. Mitgliedstaaten, in denen solche Verträge zulässig sind, müssen deshalb sicherstellen, dass es wirksame Maßnahmen zur Verhinderung eines Missbrauchs dieser Verträge gibt. Arbeitsformen ohne spezifische Mindestinhalte sollen hintangehalten werden. Zu beachten ist hierbei, dass bestimmte Arbeitsformen, wie etwa der Abschluss von sog. Null-Stunden-Verträgen, aufgrund der bestehenden Rechtslage in Österreich von vorneherein nicht zulässig sind.
Dem entsprechend werden in der Transparenzrichtlinie Mindestrechte festgelegt, sowie damit einher gehend, die Verpflichtung der Arbeitgeber:innen, Arbeitnehmer:innen die Informationen gemäß der Richtlinie zur Verfügung zu stellen.
Erweiterung der Mindestinhalte für Dienstzettel
Gemäß § 2 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unverzüglich nach Beginn des Arbeitsverhältnisses eine schriftliche Aufzeichnung über die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag auszuhändigen (Dienstzettel).
Jede Änderung der im Dienstzettel ausgewiesenen Rechte und Pflichten ist dem Arbeitnehmer jeweils unverzüglich, spätestens am Tag des Wirksamwerdens schriftlich mitzuteilen. Diese Information kann unterbleiben, wenn die Änderungen durch Gesetz oder Kollektivvertrag erfolgten oder unmittelbar das Grundgehalt oder den Grundlohn betreffen (mit Ausnahme etwa von Änderungen, die aus dem Wechsel der Verwendungsgruppe resultieren).
Als Wissenserklärung dient der Dienstzettel der Dokumentation der vereinbarten Vertragsbedingungen. Ein Arbeitsvertrag, welcher die Mindestinhalte des Dienstzettels umfasst, ersetzt diesen.
Mindestinhalte des Dienstzettels (bisher und unter Einbeziehung der zusätzlichen Inhalte gemäß der Novelle des AVRAG per 28.3.2024, gekennzeichnet mit „Neu“):
- Name und Anschrift des Arbeitgebers
- Name und Anschrift des Arbeitnehmers
- Beginn des Arbeitsverhältnisses
- Bei Arbeitsverhältnissen auf bestimmte Zeit: Ende des Arbeitsverhältnisses
- Dauer der Kündigungsfrist, Kündigungstermin, Neu: Hinweis auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren (Anm.: das Gesetz enthält keine genauen Angaben, in welchem Detailgrad auf das anzuwendende Kündigungsverfahren hinzuweisen ist, jedoch besteht eine Verweisungsmöglichkeit, sh. unten)
- Gewöhnlicher Arbeitsort, erforderlichenfalls Hinweis auf wechselnde Arbeitsorte, Neu: Sitz des Unternehmens
- Allfällige Einstufung in ein generelles Schema
- Vorgesehene Verwendung, Neu: kurze Beschreibung der zu erbringenden Arbeitsleistung (Anm.: die bloße Nennung der Funktion/des Jobtitles ist nun nicht mehr ausreichend)
- Betragsmäßige Höhe des Grundgehalts oder -lohns, weitere Entgeltbestandteile, wie zB Sonderzahlungen, Neu: gegebenenfalls die Vergütung von Überstunden, Fälligkeit und Art der Auszahlung des Entgelts
- Ausmaß des jährlichen Erholungsurlaubs
- Vereinbarte tägliche oder wöchentliche Normalarbeitszeit des Arbeitnehmers, Neu: gegebenenfalls Angaben zu den Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen (Anm.: das Gesetz enthält keine genaueren Angaben, in welchem Detailgrad auf Schichtpläne und deren Änderungsmöglichkeiten einzugehen ist, jedoch besteht eine Verweisungsmöglichkeit, sh unten)
- Bezeichnung der auf den Arbeitsvertrag allenfalls anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung und Hinweis auf den Raum im Betrieb, in dem diese zur Einsichtnahme aufliegen
- Neu: Name und Anschrift des Trägers der Sozialversicherung und der Betrieblichen Vorsorgekasse des Arbeitnehmers oder für Arbeitnehmer, die dem Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungsgesetz unterliegen, Name und Anschrift der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse
- Neu: Dauer und Bedingungen einer vereinbarten Probezeit
- Neu: Gegebenenfalls den Anspruch auf eine vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
Bestimmte Angaben, darunter auch die nunmehr aufzunehmenden Hinweise auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren, ggf. die Vergütung von Überstunden sowie ggf. Angaben bzgl. Schichtplänen können auch durch Verweisung auf die für das Arbeitsverhältnis geltenden Bestimmungen in Gesetzen oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder in betriebsüblich angewendeten Reiserichtlinien erfolgen. Besteht daher bspw ein besonderer Bestandschutz nach dem BEinstG, wird im Dienstzettel (oder Dienstvertrag) auf das nach diesem Gesetz einzuhaltende Kündigungsverfahren zu verweisen sein.
Dienstzettel in physischer Form?
Bis dato musste der Dienstzettel in schriftlicher Form ausgestellt und ausgehändigt werden. Neu ist nun seit 28.03.2024, dass der Dienstzettel alternativ nach Wahl des Arbeitnehmers in elektronischer Form übermittelt werden kann.
Rechtsfolgen bei Verletzung der Dienstzettelpflicht
Neu im Vergleich zur bisherigen Rechtlage ist, dass nunmehr Verwaltungsstrafen zwischen EUR 100,– und 436,– drohen, wenn gegen die Dienstzettelpflicht verstoßen wird. Sind mehr als fünf Arbeitnehmer:innen betroffen, erhöht sich der Strafrahmen auf EUR 500,– bis 2.000,–.
Es folgt in Kürze ein Beitrag zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie in Österreich/Teil 2 (betreffend Auslandsdienstzettel, weitere umgesetzte Regelungen).
Disclaimer: Dieser Blogpost dient nur als allgemeine Information und Orientierungshilfe und stellt keine rechtliche Beratung dar. Für Rechtsberatung wenden Sie sich bitte an Frau Mag. Eva Krichmayr (krichmayr@labourlaw.at) oder Herrn Dr. Andreas Tinhofer, LL.M. (tinhofer@labourlaw.at) oder senden Sie ein E-Mail an office@labourlaw.at.